Chronik
9 |
Varus und seine römischen Legionen erleiden in der »Schlacht im Teutoburger Wald« durch die beiderseits der Porta Westfalica ansässigen Cherusker unter Arminius eine vernichtende Niederlage |
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16 |
An der Porta Westfalica stehen sich Arminius mit den Cheruskern und ein römisches Heer unter Germanicus gegenüber. (Angeblich kommt es zu einem Gespräch zwischen Arminius und seinem im römischen Heer stehenden Bruder Flavus über die Weser hinweg.) Es folgen zwei Schlachten bei Idistaviso am Nammer Lager und weiter nördlich am Angrivarischen Grenzwall, nach denen die Römer ihre Pläne zur Eroberung Germaniens bis zur Elbe endgültig aufgeben. |
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775 |
Lübbecke wird erstmals 775 als "hlidbeki" in den fränkischen Reichsannalen als Ort eines sächsischen Überfalls auf ein fränkisches Heerlager erwähnt. Der Überfall geschieht während eines Feldzuges Karls des Großen gegen die Sachsen bei Lübbecke. |
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1033 |
Nettelstedt findet zum ersten mal Erwähnung in einer königlichen Urkunde. König Konrad II. übergab dem Marienstift in Minden 12 Hufen Land, genannt Nitalstete. (Nital=Nessel, Stete=Stätte; Hufe gilt als Anteil eines Hofes an der allgemeinen Gemeindeflur (ca. 25-50 Morgen)). |
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1151 |
Tengern (inkl. Huchzen) wird erstmals urkundlich erwähnt. |
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1156 |
Die St.-Nikolaus-Kirche zu Gehlenbeck wird erstmals urkundlich erwähnt. |
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1221 |
Die Burg Reineberg im Lübbecker Wiehengebirge wird erstmals urkundlich erwähnt. |
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1244 |
Schnathorst wird erstmals urkundlich erwähnt. |
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1260 |
Holsen wird erstmals urkundlich erwähnt. |
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1277 |
Graf Dietrich von Isenberg schenkte dem St.-Martins-Stift in Minden einen Hof in Nettelstedt (Nettelstede). |
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1279 |
Lübbecke wird durch den Mindener Bischof Volquin von Schwalenberg zur Stadt erhoben. Das Mindener Stadtrecht wird fast vollständig übernommen. |
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1310 |
Hüllhorst wird erstmals urkundlich erwähnt. |
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1320 |
Am Anfang des 14. Jahrhunderts hatten die adligen Grundherren von Bodendorpe, von Engelingborstel, von Gesmele, von Hesle, von Quernheim, von Roden und von Swege Landbesitz in Nettelstedt. |
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1332 |
gehörte Nettelstedt zur Lübbecker Marktgerechtsame. Es war eine Ordnung, nach der Rechte und Pflichten aus dem Besitz von Acker, Garten, Moor, Wiese und Wald für den Einzelnen festgesetzt wurden. |
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1350 |
24 Wochen Pest in Minden und Lübbecke |
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1363 |
bis 1396 : herrschte eine Fehde zwischen dem Bischof Gerhard von Minden und dem Bischof von Osnabrück. Dies hatte zur Folge, dass Truppen durch Nettelstedt und benachbarte Dörfer zogen und die Bewohner Heeresfolgen leisten mussten. Politisch gehörte Nettelstedt zum Bistum Minden. |
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1439 |
Pest |
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1468 |
bis 1471 : Während einer großen Fehde zwischen den Grafen von Schaumburg und Bischof Albert von Minden werden Minden und Lübbecke belagert; das Mindener Land wird weithin verwüstet. |
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1484 |
Pest |
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1496 |
10. August. Ein großes Unwetter und Erdbeben bringt in Minden und im Mindener Lande zahlreiche Bauwerke zum Einsturz. |
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1510 |
Erste Erwähnung der Hüllhorster Kirche. |
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1513 |
Strenger Winter und anschließende Dürre. Die Folge: Hungersnot |
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1517 |
Luther veröffentlicht seine 95 Thesen gegen den Ablaßhandel; Beginn der Reformation |
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1519 |
Pest |
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1521 |
Reformation in Minden (bis 1529: gewaltsame Einführung der evangelischen Predigt in Minden) |
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1523 |
Reformation in Herford |
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1529 |
Seuche: »Engelländischer Schweiß« (Schweißfieber, sudor anglicus) |
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1532 |
Pest |
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1536 |
bis 1557 : Hermann von Westorpe wurde 1536 vom Bischof Franz II. und 1557 vom Bischof Georg mit dem Zehnten zu Nettelstedt, "mit dem nidderen Hof, mit dem Ellerhof" und 6 Hufen Land "binnen und bauten dem Dorpe zu Nettelstedt" belohnt. |
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1547 |
Fehde des Kaisers mit dem Hochstift Minden. Viel Kriegsvolk unter dem Statthalter von Seeland, Jobst von Groningen, kommt nach Minden. Sie zogen auch durch Nettelstedt und seine Nachbargemeinden. |
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1553 |
Seuche / Pest (3500 Tote in Minden) |
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1573 |
Mißernten |
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1574 |
Mißernten |
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1577 |
Pest; durch eine Frau von Häverstädt nach Minden eingeschleppt. "Plieben de helfte kaum lebendig" |
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1581 |
Pest in Petershagen und Minden |
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1583 |
Einführung des lutherischen Bekenntnisses im Fürstbistum Minden durch den Landesherrn. |
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1593 |
Mißernten |
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1594 |
Mißernten |
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1596 |
Mißernten |
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1598 |
Pest |
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1600 |
bis 1800 : Zwei Kapellen gehörten zur Pfarre Gehlenbeck, worin dreimal im Jahr gepredigt wurde. Nettelstedt und Isenstedt. |
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1618 |
Beginn des Dreißigjährigen Krieges; 23. Mai Prager Fenstersturz |
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1623 |
Im 30jährigen Krieg zog Oberstleutnant und Feldmarschall Graf von Anhalt durch Nettelstedt nach Lübbecke. |
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1624 |
Am 19.01. zieht Tilly durch und nimmt in Lübbecke Quartier. Am 4.1. sind etliche Kompanien Spanier ins Mindische eingefallen. Sie lagern in Gehlenbeck, Nettelstedt, Hille und Hartum. Es herrscht die Ruhr. |
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1625 |
15. August. Einzug der kaiserlichen Besatzung; kaiserliche Truppen halten Minden während des Dreißigjährigen Krieges von 1625 bis 1634 besetzt. |
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1631 |
Eine Kompanie Reiter bleibt 1 Tag in Gehlenbeck, zieht dann nach Minden weiter und verübt unterwegs viel Scheußlichkeiten. |
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1633 |
Schwedische Truppen besetzen Lübbecke. Plünderung der Dörfer Gehlenbeck usw. Am 14.6. zieht Graf Melander mit seiner Armee über Gehlenbeck nach Minden. |
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1635 |
Die Kompanie Tabbert (schwedische Dragoner) zieht von Minden nach Lübbecke. Am 27.10. lagern 8 Kompanien Schweden in Gehlenbeck, Eilhausen und Nettelstedt. |
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1636 |
Am 22.07. zieht die schwedische Hauptarmee durch. Am 18.09. kommt ein Regiment Polacken von Lübbecke über Gehlenbeck nach Nettelstedt und "haust übel". Die Pest herrscht in Lübbecke und Umgebung. Sie wurde durch die kaiserlichen Truppen wieder eingeschleppt. In Gohfeld waren in den ersten 10 Tagen im November 53 Tote zu beklagen. In Blasheim wütete die Ruhr. |
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1637 |
Schweden und Hessen unter dem Befehl von Kniggen und Melander durchziehen das Land und verheeren es. Am 20.11. zieht Melander von Minden nach Gehlenbeck, steckt das Dorf in Brand und haust unterwegs schlimm. Die Tradition berichtet, daß nach dem 30jährigen Kriege in Nettelstedt nur noch 4 Häuser standen und ein Dutzend Menschen lebten (Hunger, Pest, Quälereien und Vergewaltigungen durch das Kriegsvolk). |
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1638 |
Durchzug der Hessen von Lübbecke nach Minden |
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1639 |
bis 1640 : Kleinere Durchzüge, Zerstörungen von Häusern und Plünderungen |
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1645 |
bis 1646 : Wiederum hausen die Schweden übel im Kreis. |
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1647 |
Grafschaft Ravensberg fällt an den Kurfürsten von Brandenburg. Graf Königsmark haust mit seinen Schweden furchtbar im Kreise Lübbecke, es herrscht eine "tolle Zucht". Seit diesem Jahre versieht der Joh. Baltzer, gebürtig zu Hille, den Schuldienst in Nettelstedt. Er hat sich auf den Schulen in Minden und Herford vorbereitet. |
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1648 |
Westfälischer Frieden (Ende des Dreißigjährigen Krieges); Säkularisierung des Fürstbistums Minden und Übergang des Fürstentums Minden an den Kurfürsten von Brandenburg. |
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1656 |
Frühjahr. Einer Pockenepidemie fallen in Minden mehr als 200 Kinder zum Opfer. |
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1682 |
Aus diesem Jahre stammt das Landbuch der Gemeinde Nettelstedt mit 62 Höfen. |
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1701 |
Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg krönt sich in Königsberg als Friedrich I. zum König von Preußen. |
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1705 |
11. Oktober. In Lübbecke vernichtet ein Stadtbrand einen großen Teil der Stadt, das Rathaus und das Stadtarchiv. |
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1713 |
bis 1740 : Friedrich Wilhelm I. ("Soldatenkönig") |
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1717 |
Aus diesem Jahre stammt das Landbuch der Gemeinde Nettelstedt mit 66 Höfen. |
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1719 |
Die Grafschaft Ravensberg wird mit dem Fürstentum Minden verwaltungsmäßig vereinigt (von Friedrich Wilhelm I. von Preußen). |
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1723 |
Abriß der Burg Reineberg. |
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1740 |
Friedrich II. von Preußen |
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1747 |
Die »rote« Ruhr fordert in Minden viele Opfer. |
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1755 |
Erlaß einer königlich-preußischen Dorfordnung für das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg. |
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1756 |
Beginn Siebenjähriger Krieg |
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1757 |
und 1759: Im Siebenjährigen Kriege wird Minden zweimal von den Franzosen eingenommen und besetzt. |
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1759 |
1. August. In der Schlacht bei Minden werden die Franzosen (und Sachsen) von den Preußen und ihren Verbündeten (Hannover und England) unter dem Oberbefehl des preußischen Heerführers Herzog Ferdinand von Braunschweig entscheidend geschlagen und scheiden aus dem Kriege aus; Frankreich verliert im Zusammenhang mit dieser Niederlage seine nordamerikanischen Besitzungen an England; ein an der Schlacht beteiligtes englisches Regiment begeht noch heute alljährlich den Tag der Rosen von Minden. |
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1763 |
Ende Siebenjähriger Krieg |
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1767 |
Am 19. Januar erschüttert ein schweres Erdbeben das Fürstentum Minden. |
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1770 |
bis 1848 : Markeinteilung: Nettelstedter Gemeindeland, inkl. Bergteile und Moor, wird bis auf geringe Reste (Hünenbrink) aufgeteilt. Je mehr einer hatte, desto mehr bekam er dazu. Ende der Deutschen Allmende. |
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1775 |
Letzte Wolfsjagt in unserer Gegend. |
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1776 |
Tischlerei auf dem Lande bleibt verboten. |
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1786 |
bis 1797 : Friedrich Wilhelm II. von Preußen |
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1789 |
Französische Revolution |
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1797 |
bis 1840 : Friedrich Wilhelm III. von Preußen |
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1806 |
13. November. Minden wird von den Franzosen besetzt. |
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1807 |
Nach dem Frieden von Tilsit (9. Juli) werden das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg aufgelöst und dem von Napoleon I. geschaffenen »Königreich Westfalen«, mit der Hauptstadt Kassel, einverleibt. Minden-Ravensberg wird somit bis 1813 französisch. |
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1810 |
13. Dezember. Das Mindener Land wird vom Königreich Westfalen abgetrennt und dem Kaiserreich Frankreich zugeschlagen. |
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1811 |
Komet Flaugergues, auch C/1811 F1 oder Großer Komet von 1811 genannt, war ein großer Komet, der etwa 260 Tage lang mit bloßem Auge am Himmel zu sehen war und damit Weltuntergangsstimmung verursachte. |
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1812 |
Brandschatzung Minden-Ravensbergs beim Durchzug gewaltiger Heeresmassen. |
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1813 |
Wiedervereinigung Minden-Ravensbergs mit Preußen nach der Rückeroberung durch preußische Truppen. |
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1815 |
18. Juni : Schlacht bei Waterloo |
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1815-1816 |
5. April 1815 : Auf der indonesischen Insel Sumbawa bricht der Vulkan Tambora aus. Die entstandene Aschewolke verdunkelte innerhalb eines Jahres die komplette Nordhalbkugel und sorgte für fürchterliche Stürme und eine Abkühlung von mehreren Grad Celsius. In Deutschland regnete es wochenlang und es gab starke Gewitter. Die Sonne war viele Wochen nicht zu sehen, so dass das Jahr 1816 als "Jahr ohne Sommer" in die Geschichte einging. |
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1816 |
Bildung des preußischen Regierungsbezirks Minden und der Kreise Minden und Rahden. |
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1817 |
vollständige Mißernte |
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1819 |
Aufruhr der Zehntpflichtigen in den Gemeinden am Nordhang des Wiehengebirges. Einer der ersten Aufrührer war der alte Ellerhöfer, ein alter Onkel bei Ellerhof 10 (Nettelstedt), der, als ihm der Vogt bei von der Recke mit dem Stocke drohte, weil er bei der Arbeit des Pflügens seine Pfeife rauchte, einfach seinen Pflug auflud und mit seinen Pferden nach Hause ging. Er konnte sich erlauben, was Andere nicht wagten, denn er hatte beim "Alten Fritz" gedient. |
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1821 |
Großfeuer in Nettelstedt. Inschrift bei Gerdom 34 und Selle 11 "Es war ein fürchterlicher Tag, so sah ihn keiner wieder. Ein Feuer, das mit Wut ausbrach, riß alles, alles nieder. Es drohet der Flammen Wut , den Ort ganz zu verheeren und augenblicks in Asch und Glut die Häuser zu verkehren." |
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1832 |
I. Januar. Die Stadt Lübbecke wird - anstelle von Rahden - Hauptort des nunmehr nach dieser Stadt benannten Kreises Lübbecke und Sitz der Kreisverwaltung; gleichzeitig werden die bisher zum Kreis Bünde (1816 gebildet, 1832 aufgelöst) gehörenden Kirchspiele Hüllhorst und Schnathorst und die Gemeinde Oberbauerschaft dem Kreis Lübbecke angegliedert. Außerdem: Hambacher Fest (Schwarz-Rot-Gold). |
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1840 |
bis 1861 : Friedrich Wilhelm IV. von Preußen |
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1847 |
Vollständige Mißernte. Hungersnot. Köln-Minden-Berliner Eisenbahn eröffnet. Zwei Nettelstedter, namens Tiemann, wurden als Weichensteller angestellt und haben jeden Tag den Weg nach Minden hin und zurück zu Fuß gemacht (34 Kilometer). Und das 32 Jahre lang. Das macht rund 400.000 km (10 mal Erdumfang und 1 mal Entfernung bis zum Mond). Auch das fertiggesponnene Garn brachte man damals zu Fuß nach Herford und Bielefeld, und, um einige Pfund Butter zu verkaufen, scheute man nicht den Weg zum Mindener Markt. |
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1848 |
Große Not der Spinner und Weber (Konkurrenz des handgewebten durch das billigere und feinere Maschinenspinnen). Viele, auch aus Nettelstedt, wanderten nach Amerika aus, andere gingen bis etwa 1900 ins Ruhrgebiet. Sie wohnten billig zu 3-4 Nettelstedter in einer Stube. Alle 4 Wochen kamen sie in ihr Heimatdorf, um sich neuen Proviant zu holen (Brot, Hülsenfrüchte, Speck) Nach dem 1. Weltkrieg setzte diese Ruhrgängerei wieder ein, bis sich hier die Arbeitsverhältnisse gebessert hatten. Manche verdingten sich in jener Notzeit vor 1900 auch als landwirtschaftlicher Saisonarbeiter in Holland oder als Torfstecher in Oldenburg. Außerdem : Märzrevolution in deutschen Staaten. |
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1850 |
schleswig-holsteinische Krieg; hessische Wirren |
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1859 |
bis 1860 : Bad Oeynhausen wird zur Stadt erhoben (Umbenennung des königlich-preußischen Solbades Neusalzwerk/Rehme in Bad Oeynhausen erfolgte bereits 1848; 1751 entdeckte Berghauptmann Karl Freiherr von Oeynhausen eine Solequelle) |
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1861 |
Die erste Zigarrenfabrik wird in Nettelstedt (12 Roller und 12 Wickelmacher) auf Betreiben Lohmanns errichtet. Vorher hatten einige Männer in Lübbecke das Zigarrenmachen erlernt. Hin und her zu Fuß, es gab noch kein Fahrrad, 12 Stunden Arbeitszeit. Die Zigarrenarbeit brachte eine fühlbare Erleichterung. Man verdiente 1,30 Mark pro Tag. Lohmann bewirbt sich mit Erfolg um eine Posthilfsstelle für Nettelstedt, die erste zwischen Minden und Lübbecke. Postbote war der Invalide Schlüter aus Hille. Briefmarken gab es noch nicht. Das Porto zahlte der Empfänger. Es war sehr hoch, für weitere Entfernungen 1 - 2 Mark. Darum waren Briefe nicht immer willkommen. Manche kosteten eben mehr als einen Tagelohn. Weil es noch keine Briefumschläge gab, wurden die Briefe kunstvoll gefaltet und die Adresse auf die 4. Seite geschrieben. Außerdem : 1861-1888 Wilhelm I., König von Preußen |
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1865 |
Große Feuersbrunst in Gehlenbeck, 53 Häuser eingeäschert. |
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1870 |
bis 1871 : Deutsch-französischer Krieg |
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1871 |
18. Januar : Kaiserproklamation in Versailles : König Wilhelm der I. wird zum deutschen Kaiser ausgerufen. Bismarck wird zum Reichskanzler ernannt. |
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1872 |
schwarze Pocken |
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1873 |
Aufhebung der Festung Minden |
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1874 |
Die Posthilfsstelle in Nettelstedt wird Postagentur. Die Einwohnerzahl beträgt 984 in 168 Häusern. 1918 hatte Nettelstedt 222 Häuser, nun sind es 350. 2 Zigarrenfabriken mit 66 Arbeitern. Keine Gewerbeaufsicht. Arbeitszeit 12—16 Stunden. Geringer Lohn. Kinder ab 12 Jahren um 6 Uhr früh vor der Schule zum Abstruppen und z. T. auch zum Wickelmachen in der Fabrik, auch nachmittags bis 9 Uhr abends. Ständiges Sitzen in Tabakstaub und verbrauchter Luft, flaches Atmen, wenig natürliche Bewegung' schufen den "tuberkulösen Typ", der noch durch Inzucht gefördert wurde. |
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1884 |
Gründung deutscher Kolonien in Afrika und der Südsee. |
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1888 |
bis 1918 : Kaiser Wilhelm II. |
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1889 |
Nettelstedt: Lehrer Voigt tritt nach 50jähriger Arbeit in den Ruhestand. Er war ein Lehrer alten Stils, besaß eine Kuh, mästete 2 Schweine, bestellte mit Hilfe der Schulkinder seinen Garten, wo heute das Lehrerhaus steht, und seinen umfangreichen Acker. Er empfing neben seinem sehr geringen Bargehalt von den Bauern eine festgesetzte Menge an Lebensmitteln, deren Menge dann das vorgeschriebene Gewicht überstieg, wenn der Abliefernde ein Kind in der Schule hatte, dem je nach der Menge der freiwillig mehr gespendeten Gaben eine entsprechende Behandlung in der Schule gewiß war, was wohl der Gerechtigkeit, nicht aber dem Magen des armen, kinderreichen und unwürdig abhängigen Schulmeisters abträglich war. Voigt war außerdem Kantor und Kapellendiener. Er mußte Handreichungen beim Gottesdienst übernehmen, war verantwortlich für das Läuten und leitete das Begräbnissingen eines Kinderchores bis zur Eilhauser Mühle. Die Leichen wurden auf einem Leiter- oder Kastenwagen nach Gehlenbeck gefahren. Alte Leute rühmen Voigt als tüchtigen Lehrer. Er regierte mit Strenge und Strafen seine 2 mal 100 Schüler in der voll gepfropften Kapelle. Bis 1878 wohnte er in dem Hause, das jetzt Kröger 144 auf der Stille gehört, dann wurde das heutige Haus der Geschwister Lohmann Schule und Lehrerhaus, bis im Jahre 1928 die neue Schule und das Lehrerhaus bezogen werden konnten. In der Schule spielte damals in jeder Stunde der Rohrstock seine verhängnisvolle Rolle, auch Erbsenknien war nicht selten. "Die Furcht muß es hereintreiben", hieß es; und Kinder müssen "verhandhabt" werden, sagten die Leute. Daß jede erzwungene gute Tat religiös und sittlich ohne Wert und Kraft ist, wurde nicht bedacht. Ehrgefühl wurde nicht geschont. Die Exekutionen geschahen vor der Klasse. Der "gehorsame Untertan" war das Erziehungsziel, und auch die frohe Botschaft von der Liebe wurde eingepaukt und eingebläut. |
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1890 |
Von 1889—1907 leitete Lehrer Lange die Nettelstedter Schule. Ihm folgte Hauptlehrer Ernst Meier, dem 3 Lehrer zur Seite standen. Er starb den Heldentod 1915 am Hartmannsweiler Kopf in den Vogesen. Lehrer Thöne wurde vermißt. Die beiden übrigbleibenden Lehrer Lochthofe und Schildmeier gerieten in Gefangenschaft. In den letzten beiden Kriegsjahren wurden die 356 Schüler von Frl. Lange und Frl. Blanke, jetzt Frau Rektor Korte, versorgt. |
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1896 |
18. Oktober. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Wittekindsberg, 1892 begonnen, wird eingeweiht; Bildhauer: Kaspar v. Zumbusch, Wien, Architekt: Bruno Schmitz, Berlin. 1302 Posaunenbläser spielen auf. Zeitzeuge war Heinrich Schnepel (1880-1981), der in vielen Geprächen von dem Ereignis berichtete. Er wanderte an diesem 18. Oktober zusammen mit einigen anderen von Nettelstedt zur Porta Westfalica um der Einweihung beizuwohnen. |
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1898 |
3. Dezember. Die Strecke Minden-Petershagen-Uchte der Mindener Kreisbahn wird in Betrieb genommen; es folgen: 1903 Minden-Eickhorst (1907 weiter bis Lübbecke), 1915 Minden-Wegholm, 1916 der Hafenanschluß, 1921 Minden-Kleinenbremen |
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1899 |
Verkuppelung (Zusammenlegung der Grundstücke) beginnt. Damit verschwanden auch die Hecken an den Wiesenrändern. Das hatte böse Folgen für den Graswuchs, weil die Wiesen austrockneten, die bodenbürtige Kohlensäure, die zur Stärkebildung nötig ist, vom Wind zerflatterte, den Vögeln die Nistgelegenheiten fehlten und das Ungeziefer demzufolge zunahm, und den Kühen in den umgehauenen Erlen, Weiden, Haselsträuchern usw. die Apotheke genommen wurde. Eröffnung der Eisenbahnstrecke Bünde-Lübbecke-Rahden. |
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1900 |
Einweihung des neuen Nettelstedter Friedhofes. |
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1906 |
Baubeginn des Mittellandkanals |
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1907 |
Eröffnung der Kreisbahn Minden—Lübbecke. Nettelstedt hat 1400 Einwohner. |
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1912 |
In Nettelstedt wird das elektrische Licht eingeführt, dem Hauptlehrer nur für die Küche bewilligt. Die vorsichtigen Husener warteten mit der Einführung bis 1919. Sonst sind sie aber unternehmungslustig und halten zusammen. Die Anschaffung der Dreschmaschine und des Leichenwagens ist ihrer Initiative zu verdanken. Und natürlich der Schützenverein! |
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1914 |
1. Weltkrieg. Heldengedenkbuch in der Nettelstedter Schule. Fertigstellung der Weststrecke des Mittellandkanals (Baubeginn 1906) bis Minden. |
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1918 |
Ende 1. Weltkrieg. |
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1919 |
Gründung der Weimarer Republik; Friedensvertrag von Versailles |
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1929 |
Am 04. August erklangen zum ersten mal die Glocken auf dem Nettelstedter Hünenbrink. |
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1933 |
Zum ersten Mal erstrahlt zu Weihnachten der Stern über Nettelstedt. |
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1939 |
Beginn 2. Weltkrieg. |
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1943 |
Einrichtung eines "Arbeitserziehungslagers" für ausländische und deutsche Zwangsarbeiter und Häftlinge in Lahde. |
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1945 |
Besetzung der Kreise Minden und Lübbecke durch amerikanische und britische Truppen. Ende des zweiten Weltkrieges durch Kapitulation am 8. Mai. |
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1949 |
Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. |
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1959 |
Stadterhebung von Espelkamp. |
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1961 |
Mauerbau in Berlin. |
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1973 |
Gebietsreform : Zusammenlegung von 125 Gemeinden der bisherigen Kreise Minden und Lübbecke zu 11 Gemeinden im neuen Kreis Minden-Lübbecke auf Grund des Gesetzes vom 24.10.1972. |
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1990 |
3. Oktober : Deutsche Wiedervereinigung. |
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2002 |
Ablösung der D-Mark durch den Euro. |